on 21. Dezember 2009 by admin in Reisen, Kommentare (0)

Erotische Skulpturen locken die Massen nach Khajuraho

Über Jahrhunderte hinweg versteckte sich die Tempelstadt Khajuraho unter den wildwüchsigen Pflanzen des indischen Dschungels im Bundesstaat Madhya Pradesch in Zentralindien. In der neueren Zeit wurde sie erst wieder vom britischen Offizier Captain T.S. Burt wiederentdeckt, der sie 1838 für eine der schönsten britischen Tempel-Ansammlungen hielt. Während der Kolonialzeit Indiens unter den Briten ab 1858 geriet die außergewöhnliche Tempelanlage in den Hintergrund. Obszöne Darstellungen passten nicht ins Gesellschaftsbild der prüden viktorianischen Zeit.

Auch heute sind die Reaktionen der Besucher der indischen Tempelstadt Khajuraho, die vor über 1000 Jahren errichtet worden ist, gespalten. Die in Stein gehauenen Posen der Skulpturen, die Aktszenen in allen denkbaren Stellungen und Ausrichtungen als eng umschlungene Paare oder beim Gruppensex präsentieren, sind nicht jedermanns Sache. Die Friese an den Tempelwänden und die zahllosen Skulpturen, die auf der Innen- und der Außenseite der Gemäuer angebracht sind, weisen eine außerordentliche Freizügigkeit auf. Viele Betrachter denken zuerst an das Lehrbuch der indischen Liebeskunst Kamasutra, das wohl schon im 3. Jahrhundert aufgeschrieben wurde. Doch die erotischen Akte aus Stein in der Tempelstadt halten einem detaillierten Vergleich mit den Stellungen des Kamasutra nicht stand.

Die Tempelanlage in dem kleinen indischen Städtchen Khajuraho wurde vor etwa 1000 Jahren unter den damals herrschenden Chandellas aufgebaut und bestand damals aus 85 Tempeln. 22 davon sind bis heute erhalten geblieben und bilden drei von einem Park umschlossene Gruppen. Die im Westen gelegene Gruppe stellt die kulturhistorisch bedeutendsten hinduistischen Tempel dar. Die erotischen Skulpturen, die auch Mithuna (Kopf nach unten) genannt werden, ziehen die meisten Besucher an. Dennoch machen sie nur etwa 10% der steinernen Kunstwerke aus. Die anderen meisterhaften Motive bilden Tänzer und Krieger, Tiere, Fabelwesen, Musikanten und Gottheiten ab, die beim Frisieren, Entkleiden, Musizieren, Schminken oder bei einem eitlen Blick in den Spiegel in Stein gehauen wurden.

Archäologen und Kulturwissenschaftler stellen einen engen Zusammenhang zwischen den Skulpturen von Khajuraho und der im alten Indien gepflegten philosophischen Lehre des Trantrismus her. Der Tantrismus beschäftigte sich nicht zuletzt ausdrücklich mit sexuellen Riten. Manche der philosophischen Vorstellungen wurden in Stein gehauen und damit verewigt. Seit 1986 gehören die unbeschreiblichen Kulturschätze der Tempelanlagen in Khajuraho zum Weltkulturerbe der UNESCO.

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