on 16. Dezember 2009 by admin in Allgemein, Kommentare (0)

Wegen 0,014 Cent den Job verloren

Den Job verloren wegen einer Milchschnitte, eines Brötchens oder einer Dosensuppe. Immer wieder werden unliebsame Mitarbeiter mit derartigen Bagatellkündigungen entlassen. Rechtspolitiker fordern nun: Neue Gesetzte müssen her!

Eine Sekretärin wird entlassen, weil sie eine Frikadelle und zwei halbe Brötchen aß, die für ein Kundenmeeting gedacht waren. Nach 34 Jahren Betriebszugehörigkeit. Eine Altenpflegerin verspeiste einige Maultaschen, die für den Müll bestimmt waren. Ihr wurde gekündigt. Ein Lagerist verliert den Job, weil er aus einem Karton eine Milchschnitte nahm. Wert im Supermarkt: 26 Cent. Jetzt ist der 58 Jahre alte Mann arbeitslos. Einem Industriearbeiter wird gekündigt, weil er in der Firma sein Handy auflud. Schaden für die Firma: 0,014 Cent. Diese Fälle machen Schlagzeilen, die Öffentlichkeit ist empört. Aber ändern wird sich hier vorerst nur wenig. In Zeiten, in denen die Zahl der Kündigungen zunimmt und die Arbeitsgerichte immer mehr zu tun haben, werden diese sogenannten Bagatellkündigungen offenbar nur allzu gerne dazu genutzt, unliebsame Mitarbeiter loszuwerden. Eine Fristlose Kündigung erfordert laut § 626 des Bürgerlichen Gesetzbuches das Vorliegen eines Grundes, der so wichtig ist, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zumutbar ist. Über das Vorliegen eines wichtigen Grundes streiten indes die Gerichte und widersprechen dabei nur allzu oft dem Gerechtigkeitsempfinden der Bundesbürger: Die Mitnahme von drei unverkäufliche Fischbrötchen wurde am Arbeitsgericht Frankfurt als nicht ausreichend angesehen. Das Nürnberger Landesarbeitsgericht urteilte bei der vermuteten Mitnahme eines Brotes zu Gunsten des Arbeitgebers. Bunstagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) beurteilte die Kündigung einer Kaiser’s Mitarbeiterin, die zwei herrenlose Leergutbons im Werte von 1,30 Euro einlöste, als „barbarisch“. Auch Ex-Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU) pflichtet bei, es fehle hier jedes Gespür für die Lebenswirklichkeit. Rechtsgrundlage für diese Praxis ist meist das aus dem Jahre 1984 stammende „Bienenstich-Urteil“. Hier wurde einer Verkäuferin gekündigt, die ein Stück Bienenstich aus der Auslage genommen und verspeist hatte. Das Bundesarbeitsgericht bestätigte in seinem Urteil die fristlose Kündigung. Bereits die Entwendung einer noch so geringwertigen Sache sein ein Entlassungsgrund. Auf dieses Urteil berufen sich bis heute zahlreiche Arbeitsrichter. Betroffen sind meist Arbeitnehmer am untersten Ende der Lohnskala. Deren Arbeitskraft ist im Bedarfsfall leicht ersetzbar. In der mittleren Führungsebene gibt es andere Wertvorstellungen. So hob das Oberlandesgericht Celle die Kündigung eines Geschäftsführers auf, der mit der Kreditkarte der Firmen Waren im Wert von 83 Euro eingekauft hatte. Begründung: Der Betrag sei zu gering. Um künftig gleiche Maßstäbe setzen zu können, fordern Politiker die Einführung einer bindenden Bagatellgrenze. Auch Umstände wie eine langjährige Betriebszugehörigkeit sollen künftig Berücksichtigung finden. Die reine Verdachtskündigung solle nach dem Willen von Linken-Rechtspolitiker Neskovic verboten werden. Nicht ganz so weit will die SPD gehen. Deren arbeitspolitische Sprecherin Anette Kramme fordert indes, dass solchen Bagatellkündigungen immer eine Abmahnung vorausgehen müsse.

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